Porträt Tanja Horstmann, Co-Leiterin EMAF in Osnabrück

Kulturkopf | Tanja Horstmann

37 Ausgaben lang hat Alfred Rotert das European Media Art Festival in Osnabrück geprägt und geleitet. 2024 fand die letzte Festivalausgabe unter seiner Leitung statt. Die 38. Ausgabe im April/Mai 2025 steht dann unter der Co-Leitung von Katrin Mundt und – neu dazugekommen – Tanja Horstmann. Sie übernahm die Geschäftsführung des Festivals. Wir stellen sie und das Festival in unserer Reihe der niedersächsischen Kulturköpfe näher vor.

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12.12.2024

Vom „Experimentalfilm Workshop“ zum international einflussreichen Medienkunstfestival

Wussten Sie, das eines der international einflussreichsten Foren für Medienkunst jährlich in Osnabrück stattfindet? Das European Media Art Festival steht seit 1988 für einen bedeutenden Treffpunkt für internationale Künstler*innen, Kurator*innen, Galerist*innen, Forschende, Studierende und das kunstinteressierte Publikum. Rund 12.000 Gäste begegnen sich im April/Mai jeden Jahres für intensive Festivaltage gefüllt mit Filmprogrammen, Ausstellungen, Performances und hybriden Formaten. Das Festival versteht sich als Ort des Experiments und als Labor, in dem Ungewöhnliches, Versuche und Wagnisse entstehen und präsentiert werden. Das inhaltliche Spektrum reicht dabei von persönlichen und politischen Themen oder gestalterischen Experimenten bis zu provokanten Aussagen aus dem Spannungsfeld „Medienkunst – Gesellschaft“.

Mit der EMAF-Ausstellung erweitert sich der Festivalraum zudem auf gut vier Wochen. In der Osnabrücker Kunsthalle werden dann zeitgenössische Arbeiten der derzeit wichtigsten und aufstrebenden internationalen und deutschen Medienkünstler*innen präsentiert. Hier und in eigens kuratierten Filmprogrammen und Talks von Theoretiker*innen unterschiedlicher Disziplinen steht das jährlich wechselnde Thema. Dabei stehen stets aktuelle Entwicklungen digitaler Kultur und Technologien sowie deren kritische Reflexion im Mittelpunkt. Die Stiftung Niedersachsen fördert und begleitet die Ausstellung auch 2025 wieder.

Impressionen des EMAF 2024

Impression der Verabschiedung des langjährigen Leiters des EMAF, Alfred Rotert (Gruppen bild mit Staatssekretär Dr. Jörg Mielke (Niedersächsische Staatskanzlei), Juliane Schickedanz, Alfred Rotert, Katrin Mundt, Wolfgang Beckermann (Erster Stadtrat, Stadt Osnabrück), Anna Jehle)

Führungswechsel: Tanja Horstmann folgte 2024 auf Alfred Rotert

Die am 23. April 2025 beginnende 38. Ausgabe des EMAF wird die erste unter einem neuen Führungsteam sein. 2024 verabschiedete sich der langjährige Festivalleiter, Gründer und Gestalter des Festivals, Alfred Rotert, in den Ruhestand. Zum 1. Mai 2024 übernahm Tanja Horstmann die Geschäftsführung des Festivals und leitet es nun gemeinsam mit der Künstlerischen Leiterin Katrin Mundt. Tanja Horstmann blickt auf viele berufliche Jahre in der Festivalarbeit in der Film- und Medienkunst. Sie hat Film- und Fernsehwissenschaften an der Ruhr-Universität Bochum studiert. Ab 2001 arbeitete sie in Berlin für das Internationale Forum des Jungen Films, 2006 wechselte sie ins Film Office der Berlinale. Für das Arsenal – Institut für Film und Videokunst e. V. war sie in verschiedenen Aufgabenbereichen tätig. Von 2007 – 2022 unterstützte sie die Sektion Forum der Berlinale bei der Filmauswahl. Seit 2011 war sie als Projektleiterin für verschiedene Film- und Veranstaltungsreihen zuständig, die im Arsenal, im Zeughauskino am Deutschen Historischen Museum Berlin und im Kulturquartier silent green durchgeführt wurden. Des Weiteren betreute sie seit 2003 das von der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt geförderte Künstlerinnenprogramm, das in zweijährigem Turnus im Kino Arsenal präsentiert wird. 

Fünf Fragen an Tanja Horstmann

Sie sind nach vielen beruflichen Jahren in Berlin nach Osnabrück gewechselt. Was hat sie an der neue beruflichen Herausforderung besonders angesprochen?

Mich hat der Umstrukturierungsprozess der Festivalleitung und die Zusammenarbeit mit Katrin Mundt, der Künstlerischen Leitung, besonders gereizt. Strukturen zu prüfen und gegebenenfalls neue Prozesse in Gang zu setzen, finde ich sehr spannend. Katrin Mundt hat die künstlerische Gesamtleitung übernommen und ich versuche als kaufmännische Geschäftsführerin dafür zu sorgen, dass die künstlerischen Pläne Realität werden können. Wir halten uns gewissermaßen gegenseitig den Rücken frei. Von der Aufteilung der EMAF-Leitung in eine künstlerische und eine geschäftsführende Leitung wird letztlich das gesamte Festival und auch das Publikum profitieren.

Im April/Mai 2025 findet Ihre erste Ausgabe des EMAF statt. Worauf freuen Sie sich schon jetzt besonders? Was schätzen Sie an der Osnabrücker Festivalatmosphäre?

Das EMAF 2024 stand noch unter der Leitung von Alfred Rotert, ich durfte seine letzte Ausgabe des Festivals begleiten und beobachten. 2025 wird die erste Ausgabe des EMAFs sein, die ich mit der Künstlerischen Leitung Katrin Mundt durchführe. Ich freue mich besonders auf die Gäste und Teilnehmenden und die Vielfalt der Gespräche. Das Festival hat eine ganz besondere Atmosphäre, da es ein internationaler Treffpunkt für Publikum, Künstler*innen, Kurator*innen und Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen ist. Der große Anteil der Studierenden, auf deren Initiative das Konzept des heutigen EMAF ja zurückzuführen ist, sorgt dafür, dass es ein wirklich junges Festival ist, in dem die Neugier und das Experiment im Fokus stehen, und das gefällt mir sehr gut.

Können Sie uns schon etwas zum kommenden Festivalthema verraten?

Die Vorbereitungen dafür sind im kuratorischen Team schon in vollem Gange, offiziell angekündigt wird es aber erst im neuen Jahr. Ich kann aber schon soviel verraten, dass es um Zeug*innenschaft gehen wird. Also die Frage, wie wir Wissen über die Wirklichkeit teilen und mitteilen, wie dieses Wissen einen Status quo beschreiben, aber auch herausfordern und verändern kann. Wir haben eine Reihe namhafter Künstler*innen, Kurator*innen und Theoretiker*innen eingeladen, dazu Filmprogramme, eine Ausstellung, Talks und Performances zu entwickeln.

Die zentrale EMAF-Ausstellung in der Osnabrücker Kunsthalle erweitert das Festival nicht nur zeitlich. Was ist das Besondere an der Ausstellung?

Die Ausstellung in der Kunsthalle Osnabrück widmet sich ganz dem Festivalthema und erweitert das Festival dadurch auch inhaltlich. Besonders in formaler Hinsicht bietet die Ausstellung die Möglichkeit der Erweiterung des Begriffs Medienkunst in alle möglichen Richtungen und kann ein weites Spektrum künstlerischer Arbeits- und Präsentationsweisen umfassen, von Videoinstallationen über Soundarbeiten bis hin zu Skulpturen, Performances und interaktiven Projekten. Im Idealfall entstehen hier ganz neue hybride Formen, wie in einem Labor.

Zum Abschluss: Welche drei Dinge gefallen Ihnen an Osnabrück besonders gut?

Osnabrück hat eine, insbesondere an der verhältnismäßig kleinen Größe der Stadt gemessen, sehr reiche und vielfältige Kulturszene. Das ist schonmal sehr auffällig. Und mit seinen zwei Hochschulen ist es zugleich eine junge Stadt, die vielen Studierenden sind hier auch Taktgeber*innen, das finde ich großartig. Drittens: Auch wenn es ein Klischee ist, der Westfälische Friede, auf den die Menschen hier zu Recht so stolz sind, ist nicht nur ein historisches Erbe, sondern spielt als Selbstverpflichtung auf die einigende Kraft des Europäischen Gedankens auch im Heute eine Rolle. Das finde ich in Zeiten wie diesen besonders wichtig und schön.