Kulturort | Kunstverein Jesteburg

Seit 2021 zählen Kunstvereine zum „Immateriellen Kulturerbe der UNESCO”. Ausgezeichnet wurde damit die Verbindung aus zivilgesellschaftlichem Engagement mit ehrenamtlicher Kunstvermittlung, die in Kunstvereinen zum Tragen kommt. Mit ihrem Angebot fördern die Vereine offene Teilhabe und bringen Kunst in breite Gesellschaftsschichten, sie vernetzen die lokalen Kunstszenen, richten oft die ersten Ausstellungen von jungen Kunstschaffenden aus und unterstützen diese bei der Produktion neuer Kunstwerke (mehr unter https://www.unesco.de/staette/idee-und-praxis-der-kunstvereine/). 300 Kunstvereine haben sich in Deutschland in der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kunstvereine (ADKV) organisiert. 

In Niedersachsen gibt es um die 30 Kunstvereine. Ein besonderer Kunstverein liegt in der Gemeinde Jesteburg im Landkreis Harburg. Im Stadtkern von Jesteburg liegt an der Hauptstraße 37 das Kunsthaus, das vom Kunstverein Jesteburg bespielt und verwaltet wird. Im ehemalige Volksbank-Gebäude werden seit 2013 auf rund 250 qm Einblicke und Austausch zu aktuellen Positionen zeitgenössischer Kunst angeboten. Mit wechselnde Gruppen- und Einzelausstellungen nimmt der Kunstverein eine zentrale Rolle im Kulturleben der Region ein. Das anspruchsvolle Ausstellungs- und Vermittlungsprogramm zieht dabei nicht nur das kunstinteressierte Publikum aus der nahen Metropole Hamburg an, sondern bietet den Menschen vor Ort einen Zugang zu internationaler Kunst und aktuellen Diskursen. Dank intensiver Vermittlungsarbeit und Mitgliederwerbung engagieren sich mittlerweile mehr als 400 Personen im Kunstverein. Sie freuen sich über spezielle Mitgliederangebote wie Tagesreisen zu Ausstellungen oder Kunstmessen und Führungen durch Ateliers. Gemeinsam mit einem Team aus Honorarkräften und Praktikant*innen setzt die Leiterin des Kunstvereins, Isa Hänsel, das erfolgreiche Programm um.

Das klassische Vermittlungsportfolio aus Führungen und Gesprächen wird in Jesteburg durch innovative Angebote und neue Zugänge erweitert. Neben dialogischen Führungen für Gruppen aller Altersklassen und moderierten Künstler*gesprächen, gehören verschiedene, auf unterschiedliche Zielgruppen zugeschnittene Workshops zum Programm. Eine Besonderheit sind Großgruppenangebote für Jugendliche und junge Erwachsene. Die Workshops für bis zu 200 Teilnehmer*innen werden stark nachgefragt. Der Kunstverein Jesteburg hat sich zudem lokal eng vernetzt und wirkt mit seinem Vermittlungsangebot in den Ort und die Region hinein. Die enge Kooperation mit den nahen Schulen hat unter anderem bewirkt, dass sich ein fester Kern aus Jugendlichen und jungen Erwachsenen gebildet hat, der regelmäßig an den Vermittlungsangeboten teilnimmt.

Seit dem 17. November 2024 werden im Kunstverein Werke von Cosima von Bonin und Poul Gernes gezeigt. Cosima von Bonin (*1962 in Mombasa, Kenia) zählt seit Jahren zu den bedeutendsten Stimmen der zeitgenössischen Kunst. Ihre Werke wurden auf internationalen Plattformen wie der Biennale in Venedig, der documenta 12 und den Skulptur Projekten Münster präsentiert. Anfang 2024 widmete die Schirn Kunsthalle Frankfurt ihr eine große Einzelausstellung. Die Rauminstallationen der Künstlerin bedienen sich einer Vielzahl an Anspielungen aus der Popkultur, darunter Film, Mode, Musik und Kunst. So treffen etwa raketenähnliche Gebilde auf bekannte Comicfiguren.
Der dänische Maler, Bildhauer, Filmer und Performancekünstler Poul Gernes (1925-1996) schuf farbenfrohe, minimalistisch anmutenden Werke, die Dekoratives mit gesellschaftskritischen Inhalten verbinden. Sein Schaffen wurde stark durch das Anliegen geprägt, Kunst aus dem elitären Raum herauszuholen und für die Gesellschaft zugänglich zu machen. Zu seinem Oeuvre zählen unter anderem rund 150 Gebäudegestaltungen in Dänemark.

Die Ausstellung „one, two, three, our house!” bringt beide Positionen in den Dialog. Sie stellt grundlegende Fragen von Zugänglichkeit und zur Rolle der Kunst in den Mittelpunkt und lädt zur kritischen Reflexion über Macht, Technologie und gesellschaftliche Verantwortung ein. Gezeigt werden skulpturale und textile Arbeiten von Cosima von Bonin, die durch ihre Balance zwischen Humor und Ernst, Pop- und Hochkultur sowie kindlicher Fantasie und gesellschaftlicher Reflexion auffallen, und die sogenannten Target Paintings von Poul Gernes.  

Die Ausstellung ist noch bis zum 10. Januar 2025 jeweils donnerstags bis sonntags von 15:00 Uhr bis 18:30 Uhr im Kunsthaus Jesteburg zu sehen. Der Eintritt ist frei.